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Märchen als Bildgeschichten I: Grimms Manga

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© Kei Ishiyama / TOKYOPOP GmbH. All rights reserved.

Schon der Titel bietet einen wunderbaren Sprechanlass! Aus Grimms Märchen werden Grimms Manga. Das M bleibt erhalten, doch schon das a erhält zwei märchenhafte Punkte. Lassen sich noch weitere, auch inhaltliche Veränderungen des Originals erwarten? Nun, es kommt natürlich auf Ihre Vorbildung in Sachen Bildgeschichten an. Eines aber erinnern Sie sicher noch, diese großen Augen nämlich, mit denen uns Mangafiguren für gewöhnlich anzuschauen pflegen.

Schade eigentlich, dass wir ausgerechnet diese Augen auf dem Bild dort oben gar nicht sehen können. Klarer Vorteil für unsere Seminargruppe, die diesen Manga von Kei Ishiyama studiert, didaktisch abgeklopft und abschließend präsentiert hat. Aber auch die anderen Gruppen hatten so ihre Vorteile. Schließlich standen fünf Materialien zur Debatte.

Der Anlass dazu war ein doppelter. Erstens wurde vor 200 Jahren zum ersten Mal eines jener Bücher veröffentlicht, das neben der Lutherbibel zu den bekanntesten der deutschen Literaturgeschichte zählt, die Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm nämlich. Schneewittchen, Aschenputtel, Frau Holle, die Figuren dieser Bücher, die in 160 Sprachen übersetzt wurden, scheinen unsterblich. In Filmen, in der Werbung, in Musik-Videos, überall sind sie präsent. Grund genug also, zweitens, die Märchen, die ja gar nicht nur deutschen, geschweige denn rein hessischen Ursprungs sind, auch im DaF-Unterricht zu behandeln. Aber das geschieht ja längst. Meist mit vereinfachten Versionen, die zur Einführung des Präteritums genutzt werden. Natürlich, die Märchen in einer der Originalversionen zu lesen, zum Beispiel in jener von 1850, das ist schwierig. Doch abseits der komplizierten Texte sollte die Anschlussfähigkeit der Märchen an Geschichten, die Lernende aus der eigenen nationalen Literaturgeschichte oder sei es aus der elend süßen Disneywelt längst kennen, nicht unterschätzt werden.

Von Vorteil sind daher die vielen Comic-, Manga- oder Grafik-Versionen, die den Sprachanteil reduzieren, die Geschichten komprimieren und gelegentlich sogar fein verfremden. Und wer einmal eine alte Ausgabe der Grimmschen Märchen aufschlägt und dort die zeitgenössischen Illustrationen eines Moritz von Schwind oder die jugendstilartigen Zeichnungen von Otto Ubbelohde entdeckt oder gar das Grimm Museum in Kassel besucht, der weiß, dass Märchen schon immer Bilder hervorgerufen haben. Märchen und Bilder gehören zusammen. Das zeigt sich auch in der umfassenden Didaktisierung, die das Goethe-Institut zum Jubiläumsjahr 2012 in Form eines Märchenkalenders erstellt hat, der übrigens auch 12 neu bearbeitete Versionen der Märchen enthält.

Unsere fünf Gruppen beschäftigten sich mit vier Comic-, Manga- oder Grafik-Versionen der Grimmschen Märchen und mit einer Film-Variante. Die Gruppe, die Kei Ishiyamas Rotkäppchen-Variante präsentierte, hatte das obige Bild als einleitenden Sprechanlass gewählt. Wer sitzt hier zusammen? Welches Märchen könnte dieses Bild illustrieren? Wer ist der Stärkere von den beiden? Was denken die zwei? Warum tragen die eigentlich so komische Klamotten und Frisuren? Ist Ganzkörperbehaarung nicht total out?

Die japanische Mangaka Kei Ishiyama hat während ihrer Zeit in Deutschland zwei Bände Grimms Manga gezeichnet und geschrieben. Diese Bände sind im Tokyopop-Verlag Hamburg erschienen. Ihre Manga-Versionen zeigen die Grimms in verfremdeter Gestalt (und Leserichtung) und sind ein höchst märchenhaftes und zudem schülerfreundliches Vergnügen.

Apropos märchenhaft, wie verschieden kann man dieses Wort eigentlich verstehen? Sehr verschieden! Einige schöne Beispiele finden Sie auf der Seite des Turiner Goethe-Instituts.



Nach so vielen Worten wollen wir noch einmal die Bilder sprechen lassen. Das Eröffnungsbild haben wir oben schon gesehen. Jetzt springen wir mitten hinein in einen Ausschnitt aus der Manga-Version von Rotkäppchen. Aber Achtung, auch deutschsprachige und ins Deutsche übersetzte Mangas liest man in der japanischen Leserichtung von rechts oben nach links unten. Übrigens hat Kei Ishiyama eine andere Figur in den Mittelpunkt des Märchens gerückt, erkennen Sie wen? Fallen Ihnen überdies noch weitere Veränderungen des Originals auf?












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